Gefällt dir dieser Artikel?

Polizei sagt Verbrechen voraus

erschienen in der Kategorie Alltag, am 26.02.2014
Schnatterente
Erinnert ihr euch noch an das Buch bzw. den Film Minority Report, in dem die Polizei in der Zukunft mittels Präkognition Verbrechen verhindern soll, die noch gar nicht passiert sind?

Diese Zukunftsvision wird in den USA nun langsam Wirklichkeit. Die Polizei in Chicago arbeitet seit einiger Zeit mit einer Software, die Verbrechen voraussagen soll. Das Programm liefert die Namen von Personen, welche wahrscheinlich bald eine Straftat begehen werden. In der rund 400 Namen langen Liste tauchen auch unbescholtene Bürger auf, die noch nie mit dem Rechtsstaat in Berührung gekommen sind.

Dies hält die Polizei aber nicht davon ab, ihnen auf die Finger zu klopfen und ihnen mitzuteilen, dass sie sich bloß nichts zuschulden kommen lassen sollten, denn die Polizei habe ein Auge auf sie.

Spätestens mit dieser Entwicklung sind wir in der Überwachungsdebatte an einem Punkt angelangt, an dem auch der letzte naive Bürger zugeben muss, dass die Argumentation "Ich habe ja nichts zu verbergen." nicht mehr zieht. Denn selbst wenn dem so ist, wird hier die Freiheit des Einzelnen doch massiv eingeschränkt.

Für einen gesetzestreuen Bürger reicht es aus, ein paar Leute zu kennen, die in der Vergangenheit Mist gebaut haben. Schon landet er im Visier der Polizei und des Überwachungsstaates. Wer will schon die Erfahrung machen, von Polizeibeamten vor der eigenen Dummheit gewarnt zu werden, insbesondere, wenn man überhaupt nichts im Schilde führt? Durch solche Maßnahmen fühlt man sich überwacht, es entstehen Ängste, Phobien und schwerwiegende psychische Erkrankungen.

Wenn dieser Entwicklung niemand einen Riegel vorschiebt, wird sich dieses Problem bald auf nahezu alle Lebensbereiche ausbreiten. Seit den Snowden-Enthüllungen trauen sich viele Leute nicht mehr bestimmte Phrasen und Sprichwörter über Facebook oder per SMS zu versenden, weil sie glauben sich damit verdächtig zu machen. Alltägliche Redewendungen wie "Du, ich habe einen Anschlag auf dich vor." könnten von einem Algorithmus aus dem Zusammenhang gerissen werden und schon wird man eines Vorhabens bezichtigt, das einem Selbst so absurd erscheint, dass man nicht weiß, ob man darüber lachen oder weinen soll.

Wenn es schlecht läuft, wird man weinen. Und fatalerweise gehen hier auch nicht nur viele harmlose Bürger einer Software auf den Leim, sondern wahrscheinlich auch die Behörden selbst. Sie investieren Geld, Personal und Zeit in die Überwachung von Personen, die für die Gesellschaft vollkommen ungefährlich sind. Diejenigen, die ihre Aufmerksamkeit wirklich verdient hätten, bekommen sie dadurch nicht mehr - auch weil sie sich zu schützen wissen und folglich nicht im gleichen System auftauchen.

Sowohl die amerikanische als auch die deutsche Gesellschaft muss sich der Frage stellen, was ihr wichtiger ist: Durch den massiven Einsatz von Geld und die Einschränkung der Freiheit jedes einzelnen Bürgers ein paar Verbrecher mehr zu fassen oder die Freiheit in den Vordergrund zu stellen und die ersparten Ressourcen lieber in Präventionsprogramme und Bildung zu investieren. Und für all jene, denen diese Fragestellung nicht wirtschaftlich und pragmatisch genug ist: Welche Variante ist teurer und richtet mehr Schaden an?

Big Brother is watching you.

Geschnatter

1 Kommentar, selbst mitschnattern << < Seite 1/1 > >>
Anonym, am 26.02.2014 um 19:58 Uhr
Aus Überwachung folgt Angst, aus Angst der Verlust von Freiheit.