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Telekom schafft Flatrates ab

erschienen in der Kategorie Alltag, am 23.04.2013
Schnatterente
Leider kein verspäteter Aprilscherz: Die Deutsche Telekom schafft ihre DSL Flatrates ab. Für Neukunden und Tarifwechsler werden zukünftig nur noch Volumentarife angeboten.

Im Klartext heißt das, dass in allen DSL Tarifen ein Freivolumen enthalten sein wird. Ist dieser Traffic aufgebraucht, kann man zwar weiter surfen, aber die Geschwindigkeit wird auf sechsfache ISDN-Geschwindigkeit (384 kbit/s = 48 KByte/s = Schneckentempo) gedrosselt. Wie viel "schnellen Traffic" man bekommt, ist von der gebuchten Bandbreite abhängig:

  • Tarife mit Geschwindigkeiten bis zu 16 Mbit/s: 75 GB pro Monat
  • Tarife mit Geschwindigkeiten bis zu 50 Mbit/s: 200 GB pro Monat
  • Tarife mit Geschwindigkeiten bis zu 100 Mbit/s: 300 GB pro Monat
  • Tarife mit Geschwindigkeiten bis zu 200 Mbit/s: 400 GB pro Monat


Derartige Tarifmodelle kennt man schon von den marktüblichen Handy-Internet-Flatrates. Dass sie nun aber auf die herkömmlichen Internetleitungen übertragen werden, ist ein Ärgernis für alle Kunden.

Zudem ist fraglich, ob das Vorgehen der Telekom rechtlich ganz sauber ist. Wer bei der Telekom "Entertain" gebucht hat, kann sich freuen: Der hier anfallende Traffic wird nicht mitgezählt. Damit bevorteilt sich die Telekom selbst. Youtube und andere Anbieter von Medienstreaming-Diensten ziehen den Kürzeren. Auch bezahlte Services werden natürlich mitgezählt. Seitens der Telekom heißt es dazu:

Die Nutzung anderer Anbieter wie Apples iTunes oder Amazons Streaming-Dienst Lovefilm würde nach aktuellem Stand an dem Inklusiv-Volumen zehren, wie ein Telekom-Sprecher bestätigte. Internet-Dienste könnten aber eine Kooperation mit der Telekom für sogenannte Managed Services eingehen, "die in einer höheren und gesicherten Qualität produziert und vom Kunden gesondert bezahlt werden".

Ich könnte mir vorstellen, dass es da noch zu Klagen kommen wird, zumal sich die Telekom wohl mit anderen DSL-Anbietern abgesprochen hat, was ein bisschen nach Kartellbildung klingt.

Das Modell wird wohl unter den Providern die Runde machen. Die bisher üblichen Flatrates kann man natürlich weiterhin anbieten - für viel mehr Geld ...

So verdienen sich die Konzerne eine goldene Nase an Dingen, die in den letzten Jahren selbstverständlich waren. Die Kunden hingegen werden alles andere als begeistert sein, denn 75 Gigabyte pro Monat sind nicht viel. Geht man von 30 Tagen aus, sind das 2,5 Gigabyte am Tag. Das reicht nicht aus, um sich einen Film in HD-Qualität zu streamen. Man kann nur hoffen, dass einige Anbieter ihre Chance erkennen und weiterhin unbegrenzte DSL Leitungen anbieten.

Tschüss, Netzneutralität!



Nachtrag: Im Netz werden bereits Ansätze diskutiert, wie man klagen könnte. Ein interessanter ist der Folgende:
Die Telekom darf nicht speichern, wer welche Datenmengen überträgt, weil dies nicht §96 TKG gerecht wird. Und wer nicht speichert, wer wie viele Daten überträgt, der kann auch nicht wissen, wann er mit dem Drosseln anfangen muss.

Ebenfalls interessant ist die Überlegung, ob die Telekom vielleicht irgendwelche Vorteile von Dritten erhält, wenn sie die Flatrates begrenzt. Dritte könnten z.B. Firmen sein, die ein berechtigtes Interesse daran haben, dass weniger Filesharing betrieben wird. Und Vorteile könnten Geld oder preiswerte Nutzungsrechte sein. Vielleicht sind dies auch die Ursachen für diese gravierende Veränderung der DSL-Tarife.

Update: Der Kommentar von Heise.de ist lesenswert.

Update 26.04.2013: Irgendwie witzig: Congstar twittert, dass eine Drosselung der DSL Leitungen nicht geplant ist. Man will bei echten Flatrates bleiben. Congstar ist eine Tochter-Firma der Telekom.

Geschnatter

3 Kommentare, selbst mitschnattern << < Seite 1/1 > >>
Anonym, am 23.04.2013 um 13:02 Uhr
Wer braucht bitte 400 Gigabyte Traffic pro Monat?
Antwort: Viele. Leute, die keinen Fernseher haben und dies mit YouTube kompensieren. Leute, die Cloud Dienste wie Dropbox benutzen, um ihre Daten zu sichern. Leute, die von zu Hause aus arbeiten und dabei auf Firmenserver zugreifen müssen. Familien und WGs, die sich eine Leitung teilen. ...
Jan, am 23.04.2013 um 14:08 Uhr
So erzeugt man einen Shitstorm. :B
Schiller, am 23.04.2013 um 17:06 Uhr
Gerade in der heutigen Zeit mit vielen bequemen Video-on-demand Diensten (Youtube z.b.), die als Ersatz für das normale Fernsehen immer stärker im Kommen sind eine echte Frechheit. Bleibt nur zu hoffen, dass andere Anbieter nicht nachziehen.